Hajo Seng: Biographisches
Lebenslinie Spiegelungen Zweite Haut Winter Hamburg Innenorte
Es gibt im Wesentlichen zwei Arten von Menschen, die sich berufen fühlen, zum Thema "Autismus" etwas zu sagen: Diejenigen, die sich als Betroffene empfinden, und diejenigen, die sich zu den Experten zählen. In der Regel unterscheiden sich die jeweiligen Bilder erheblich, die von dem Phänomen Autismus gezeichnet werden. Wer sich mit dem aktuellen Stand der Forschung zu diesem Thema beschäftigt, wird mit einem Aspekt des Menschseins konfrontiert, der scheinbar nirgendwo sonst adäquat reflektiert wird. Autistische und nichtautistische Menschen unterscheiden sich offenbar physikalisch, durch den Aufbau ihres Gehirns. Dieser Unterschied lässt sich nicht als einseitiger "Defekt" erklären, sondern verweist auf das Vorhandensein mindestens zweier verschiedener Modi des menschlichen Gehirns. Dabei zeigen sich mindestens zwei Arten des Menschseins, die sich in Bezug auf im Wesentlichen alles, was Denken in weitestem Sinne ausmacht, voneinander unterscheiden. Es zeigen sich weiterhin unterschiedliche Lebensformen, von denen die eine dominant, andere dagegen kaum wahrnehmbar erscheinen.
Für mich ist mein Autistischsein das zentrale Thema meines Lebens; kein Aspekt meines Hierseins, der nicht davon durchdrungen wäre. Meine Auseinandersetzung mit dem Thema Autismus ist daher keine freiwillige, aber dennoch eine, die ich mit der Zeit schätzen gelernt habe. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Autismus eine Thematik ist, die ein hohes Potenzial hat, einen in die Tiefen der Geheimnisse des Menschseins zu führen. Inzwischen haben mich meine Auseinandersetzungen zu einem "Experten in eigener Sache" gemacht, was sich in meinen Veröffentlichungen und auch in meinem Engagement im Autismus-Selbsthilfebereich widerspiegelt (mehr dazu).